Der World Gold Council (WGC) hat seinen Ausblick für das Jahr 2022 veröffentlicht. Darin erklären die Analysten, dass die Dynamiken am Goldmarkt dem vergangenen Jahr ähneln könnten, während widerstreitende Faktoren den Kurs sowohl stützen als auch unter Druck setzen.
Die wichtigsten Entwicklungen, die es kurzfristig im Auge zu behalten gilt, betreffen die Straffung der Geldpolitik – insbesondere in den USA – und die Inflation. Den Angaben zufolge signalisiert die US-Notenbank aktuell drei Zinserhöhungen, während sie ihre Bilanz gleichzeitig reduzieren will. Ihre geldpolitische Strategie könnte damit straffer ausfallen als bislang erwartet und sich negativ auf den Goldpreis auswirken.
Der WGC stellt in diesem Zusammenhang klar, dass vor allen die Erwartungen der Finanzmärkte bezüglich der künftigen Geldpolitik Einfluss auf die Kursentwicklung des gelben Metalls haben. Daher zeige Gold typischerweise vor dem ersten Zinsschritt eine unterdurchschnittliche Preisperformance, während es in den Monaten danach meist deutlich zulegen kann.
Auch wenn die Beziehung des Goldkurses zu den US-Zinsen besonders ausgeprägt ist, sollte man nicht vergessen, dass andere Notenbanken nicht so schnell nachziehen werden. Die EZB hält beispielsweise weiterhin an ihrer lockeren Geldpolitik fest und bezeichnet eine Zinsanhebung im Euroraum 2022 trotz Inflationsraten in Rekordhöhe als „sehr unwahrscheinlich“. Auch die Zentralbanken Chinas und Indiens setzen auf eine akkommodierende Strategie, um die Wirtschaft zu unterstützen. Dies könnte zwar einerseits den Dollar gegenüber anderen Währungen stärken, andererseits aber auch die Goldnachfrage in den Ländern ankurbeln, in denen das Zinsniveau weiterhin niedrig bleibt.
In Bezug auf die Inflation gehen die Meinungen auseinander: Während viele Marktbeobachter und Investoren mit anhaltend hohen Teuerungsraten rechnen, prognostizieren die Notenbanken deren Rückgang. Die Analysten des World Gold Council listen mehrere Faktoren auf, die eine hohe Inflation in diesem Jahr wahrscheinlich machen:
- Störungen und Überlastungen in den internationalen Lieferketten
- Angespannte Arbeitsmärkte
- Überdurchschnittliche Sparquote seit 2020, die zu hohen Bewertungen an den Finanzmärkten beigetragen hat
- Hohe Rohstoffpreise
Gold hat sich im Umfeld hoher Inflationsraten historisch betrachtet gut entwickelt:
Entwicklung der Gold-und Rohstoffpreise in USD bei niedriger Inflation (<3 %) und hoher Inflation (>3 %). Quelle: WGC
Trotz steigender nominaler Zinsen werden die inflationsbereinigten Realzinsen also voraussichtlich sehr niedrig bzw. deutlich im negativen Bereich bleiben. Der Goldpreis reagiert dem WGC zufolge kurz- und mittelfristig oft auf die Realzinsen und könnte in diesem Faktor Unterstützung finden. Die niedrigen Zinsen sorgen zudem dafür, dass Investoren auf riskantere Anlagewerte setzen, um eine positive Rendite zu erzielen. Dies erhöht den Bedarf nach einem hochwertigen und hochliquiden Asset wie Gold im Portfolio.
Darüber hinaus sei aufgrund der unberechenbaren Entwicklung der Pandemie mit immer neuen Virusvarianten und auch aufgrund schwelender geopolitischer Konflikte mit Rücksetzern an den Aktienmärkten zu rechnen, so die Analysten. Gold ist in diesem Umfeld ein wertvolles Mittel zum Risikomanagement und konnte die negativen Folgen von Verlusten an den Aktienmärkten in der Vergangenheit oft abschwächen.
Die Goldnachfrage könnte zudem von weiteren Käufen durch die Zentralbanken gestützt werden, die das gelbe Metall als Teil ihrer Währungsreserven halten und ihre Bestände 2021aufstockten.
Die Entwicklung des Goldpreises werde letztlich davon abhängen, welche Faktoren 2022 den Ausschlag geben. In jedem Fall wird das Edelmetall als Risikoabsicherung für Investoren in diesem Jahr besonders relevant bleiben, erklärt der WGC.
Quelle: World Gold Council